Unser Leitfaden "Praktika" - was Praktikanten und Arbeitgeber wissen sollten
Der vom Magazin Spiegel geschaffene Begriff „Generation Praktikum“ macht es deutlich: Immer mehr Berufseinsteiger leisten Praktika ab, und zwar nicht nur vor und während, sondern auch nach ihrer Ausbildung. Vielfach werden sie dabei wie Vollzeitarbeitskräfte eingesetzt, aber nicht oder nur gering vergütet. Lesen Sie nachfolgend, wann Sie als Arbeitgeber was zahlen müssen und wie Sie ein Praktikumsverhältnis richtig gestalten.
1. Wer ist Praktikant?
Für die Frage der Vergütungspflicht ist es nicht entscheidend, ob das Ganze als „Praktikum“, „Volontariat“ oder „Freie Mitarbeit“ bezeichnet wird. Wichtig ist vielmehr, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich durchgeführt wird. Wenn es sich um echte Mitarbeit handelt, haben Sie kaum Möglichkeiten, einen Vergütungsanspruch zu verhindern. Unterscheiden Sie deshalb:
Ein Praktikant ist vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich dort praktische Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen, die zur Vorbereitung auf einen (meist akademischen) Beruf notwendig sind. Zwar findet keine systematische Berufsausbildung statt. Trotzdem steht der Ausbildungszweck im Vordergrund. Deshalb ist eine eventuelle Vergütung der Höhe nach eher eine Aufwandsentschädigung oder Beihilfe zum Lebensunterhalt.
Ein Arbeitnehmer ist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Er ist in die Arbeitsorganisation eingegliedert und unterliegt einem Weisungsrecht betreffend Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort seiner Tätigkeit.
Unser Tipp: Vermeiden Sie in einem schriftlichen „Praktikantenvertrag“ Begriffe wie Entgelt, bezahlter Urlaub oder Nebentätigkeit. Unabhängig von der Überschrift spricht dies für ein Arbeitsverhältnis.
2. Welche Praktika gibt es?
Für die Abgrenzung hilfreich ist ein Blick auf die verschiedenen Praktika-Typen:
Das Schüler- oder Hochschulpraktikum
Unproblematisch ist die Situation bei den „echten“ Praktika, die fester Bestandteil einer Ausbildung sind. Hierzu gehören die Schülerpraktika, die einen ersten Einblick in die Berufswelt vermitteln sollen. Gleiches gilt für die Pflichtpraktika, die in den Prüfungs- oder Studienordnungen vorgesehen sind.
Wichtig: Ist ein Praktikum Bestandteil einer Fachhochschul- oder Hochschulausbildung, haben die Praktikanten weder Anspruch auf Vergütung noch auf Urlaub. Ebenso wenig genießen sie Kündigungsschutz.
Unser Tipp: Zahlen Sie den Studierenden eine freiwillige Vergütung, sind sie dennoch in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei. Das gilt unabhängig von der wöchentlichen Arbeitszeit und der Höhe des Entgelts.
„Schnupperpraktikum“
Bei diesem „Einfühlungsverhältnis“ geht es weniger um Ausbildung. Der Praktikant soll den Betrieb und seinen Arbeitsplatz, Sie als Arbeitgeber sollen den Praktikanten kennenlernen. Der Praktikant wird in den Betrieb aufgenommen, ohne Pflichten zu übernehmen. Er unterliegt lediglich Ihrem Hausrecht, aber keinem Weisungsrecht. Er muss keine feste Arbeitszeit einhalten und ist auch nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet.
Auch wenn der Praktikant nützliche oder verwertbare Tätigkeiten verrichtet, besteht nur dann eine Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.
Unser Tipp: Beachten Sie zwei Punkte, damit Sie nicht den Bereich des unverbindlichen Kennenlernens in Form eines Einfühlungsverhältnisses verlassen – was eine Vergütungspflicht nach sich zieht:
Begrenzen Sie das Schnupperpraktikum auf ein paar Tage. Zwar gibt es keine zeitliche Höchstgrenze, so dass es unter Umständen auch einige (wenige) Wochen dauern kann. Aber: Je länger ein Praktikum dauert, desto größer ist die Gefahr, dass das Arbeitsgericht eine Vergütungspflicht bejaht.
Seien Sie zurückhaltend mit den während des Praktikums auferlegten Pflichten und der Ausübung Ihres Direktionsrechts. Je stärker der Praktikant in den betrieblichen Alltag eingebunden wird, Weisungen ausführt und wertvolle Tätigkeiten verrichtet, desto eher wird ein „Scheinpraktikum“ angenommen.
„Scheinpraktikum“
In der Praxis häufen sich die Fälle, in denen der Praktikant weisungsgebunden in den Betrieb eingebunden wird. Hier handelt es sich um ein echtes, wenn auch verschleiertes Arbeitsverhältnis. Eine unentgeltliche Tätigkeit ist dann nicht möglich! Dies können Sie weder durch einen schriftlichen Vertrag noch durch eine mündliche Absprache ausschließen.
Praktikantenverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz
Alle übrigen Praktikanten werden von § 26 Berufsbildungsgesetz (BBiG) erfasst. Diese Vorschrift gilt „für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt“.
Wichtig: Diese Praktikanten haben ähnlich wie Auszubildende Anspruch auf entsprechenden Lohn und Urlaub (§§ 10 bis 23 und 25 BBiG). Achten Sie auch hier darauf, dass es nicht zum Scheinpraktikum kommt, sonst müssen Sie diese „Praktikanten“ als Arbeitnehmer einordnen und bezahlen.
3. Die Konsequenz: Vergütungspflicht
Immer häufiger machen „Scheinpraktikanten“ ihre Vergütungsansprüche geltend, insbesondere bei verschleierten Probearbeitsverhältnissen, wenn aus dem erhofften Arbeitsvertrag nichts wird.
Eine Vergütungspflicht ergibt sich aus § 611 Absatz 1 und § 612 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Ist die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten, gilt eine solche stillschweigend vereinbart. Allerdings trifft den Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, dass es sich um ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis handelt bzw. gehandelt hat. Gleiches gilt, falls er behauptet, es sei eine Bezahlung vereinbart worden.
Wenn – wie üblich – keine Vereinbarung zur Höhe der Vergütung getroffen wurde, bestimmt sich diese nach Maßgabe einer Taxe (nach Bundes- oder Landesrecht zugelassene und festgelegte Gebühren oder Vergütungssätze) oder nach der Üblichkeit. Hierbei kommt zunächst – auch bei nicht tarifgebundenen Vertragsparteien – eine Anlehnung an tarifliche Regelungen in Betracht. Existieren keine, wird man sich an den tariflichen Entgelten vergleichbarer Gehaltsgruppen orientieren müssen. Vergütungsansprüche können innerhalb von drei Jahren rückwirkend eingeklagt werden (§ 195 BGB).
Unser Tipp: Mitunter gelten allgemeinverbindliche Tarifverträge. Darin können Ausschlussfristen enthalten sein, wonach die Vergütungsansprüche schon deutlich früher verfallen. Dies gilt auch, wenn der „Praktikant“ nicht weiß, dass sie auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind. Ob Sie die Vergütung als Schadenersatz schulden, falls Sie den Arbeitnehmer nicht auf die Geltung solcher Ausschlussfristen hingewiesen haben, ist fraglich.
Beachten Sie: Ein Scheinpraktikum kann auch die unliebsame Folge haben, dass Sie es nur durch Kündigung beenden können. Unter Umständen droht Ihnen eine Kündigungsschutzklage. Die sorgfältige Vergabe von Praktikumsplätzen ist also doppelt wichtig.
--------------------------------------------------------------------------------
Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.
Wir beraten und vertreten Sie gerne bei Fragen zu Praktikumsverhältnissen und des Arbeitsrechts.
Bitte kontaktieren Sie uns
telefonisch unter: +49 (0) 7221 / 5151-0
oder
via E-mail an: marion.mayer@rechtsanwaelte-mayer.de
The page you wanted to visit apparently has been deleted!
You will be redirected to the mainpage in 5 seconds
If nothing happens use the following link:http://www.rechtsanwaelte-mayer.de
Die Seite existiert leider nicht mehr!
Sie werden in 5 Sekunden zur Startseite umgeleitet.
Wenn nichts passiert klicken Sie bitte hier:http://www.rechtsanwaelte-mayer.de
Letztes Update 23.02.2011 | Copyright© Rechtsanwaelte Mayer 2007 |
|